Seite 5 - H_2002_09-10

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Nummer 9-10 – 70. Jahrgang
O s t t i r o l e r H e i m a t b l ä t t e r
menfond“ erwähnt, ohne nähere Bezüge.
In Thurn sind Ausgaben für die Armen-
versorgung bzw. Unterstützung ausgewie-
sen in der Gemeinderechnung von 1885 in
der Höhe von 42 fl 37 x Österr. W. und
1897 wurden dafür 13 fl 36 x ausgegeben.
In den Jahresrechnungen des Lokal-
armenfonds Thurn aus den Jahren
1865 wurden für Unterstüt-
zungen gezahlt ……15 fl 62 x Österr. w.
Das Vermögen betrug ……582 fl 96
1
2
x
1873 heißt es „keine Ausgaben“
Das Vermögen ………………850 fl 82 x
1883 gab der Verwalter für
Unterstützungen aus ………………47 fl
Der Vermögensstand ……………751 fl
Die gegebenen Darlehen sind mit
Schuldner und Sicherstellung genau ver-
bucht und der Fondsverwalter haftete Ab-
gänge mit eigenem Geld. Der Fonds erhielt
seine Einnahmen aus Legaten, Geschenken,
Sammlungen, Armenprozenten/ Strafgel-
dern vom K. k. Landgericht Lienz, vom
Görzischen Stiftfonds, öffentlichen Kassen
und von mit Namen genannten Privat-
personen.
Was sonst noch aufgeschrieben
worden ist
Von Priestern:
Sebastian Possenig war Pfarrherr in
Ridau und sein Bruder in Landl an der
Enns;
Nikolaus Gander, Expositus in Afers bei
Brixen und sein Bruder Hieronymus
Gnder Kooperator in Lienz und zuletzt
Pfarrer in Innervillgraten (bekannter
Moosforscher).
An Berufen sind erwähnt:
Jägermeister, Schuhmacher Knechte
(Mägde?!), Baumeister, Lehrer, Tischler,
Weber, Bildhauer, Bindermeister, Apo-
theker, Viehhändler, Sagschneider, Bret-
tersäger und Branntweinhändler.
Verschiedenes:
1830 erhielt der Kirchturm einen Blitz-
ableiter.
1841 sind neue Getreidepreise bekannt
gegeben worden.
Johann Unterfeldner ist Kirchenpropst
für St. Helena.
1845 waren bereits Güter bei der „Tiro-
lischen Brandschadenversicherung“ versi-
chert und 1850 andere bei der „Görzischen
Brandassekuranz“.
1847 gab es in Thurn eine Volkszäh-
lung, Zahlen sind nicht genannt.
1853 wird den Grundbesitzern Staats-
wald zugeteilt.
1885 ist in der Jahresrechnung der Ge-
meinde das Gesamtvermögen mit 1.066 fl
82 x Österr. W. angegeben; die Ausgaben
betrugen 391 fl 40 x. Nach Abzug der Ver-
bindlichkeiten verbleiben 193 fl 31 x. Vor-
steher war Alois Unterweger.
1897 stellte die Jahresrechnung (auf For-
mular!) Vorsteher Peter Gander zuammen.
Das Gesamtvermögen ……7.831 fl 43 x
die Ausgaben stellten
sich auf………………………391 fl 40 x
In dieser Abrechnung sind u. a. angeführt
Ausgaben für
Briefbotenlohn …………………4 fl --x
Verein Rotes Kreuz ……………1 fl --x
Maulwurffänger ………………29 fl 16 x
Kaminfeger ……………………--fl 50 x
In diesem Jahr zahlten acht Personen
Erwerbssteuer als Schuster, Viehhändler,
Wollkartatscher, Schneider, Sagschneider,
Brettersäger, Weber und Branntweinhändler.
Der Text einer Bitt-Tafel, vermutlich
aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhun-
derts, soll der Schluss dieser umfangrei-
chen Abhandlung sein.
„Bitt Tafel“
„Finito Evangelio Sub Sacro
Sacerdos vertit
Se populum Dicens Evangelium
Germanum
Secundum Fehtum, Deinde Sequenz
orat:“
Es wird daran erinnert, dass der gegen-
wärtige Gottesdienst den „Wohlehrnwür-
digen, und Wohlgelehrten Herrn Sebastian
Possenig Pfarrherrn in Riedau“, gestorben
„Hachl“, 1965. – An diesem Gerät konnten zwei Frauen arbeiten; sie standen sich
gegenüber.
Alle Fotos: Hans Kurzthaler, Thurn
dem damaligen Gegenwert von ca. 115
Arbeitsstunden.
1999 kostet ein Sack Zement (50 kg)
42 S, was einer knappen halben Ar-
beitsstunde gleichzusetzen ist.
C) Vergleich über Arbeitsleistung
1879 kostete eine Zimmermann-
schicht, 10-Stunden-Tag, 1 fl 18 x öst.
W.
1999 erhält ein Facharbeiter für einen
Acht-Stunden-Tag 808 S (58,72 €), das
entspricht einem Guldenwert von
684,75 S (49,76 €).
Die Beispiele zeigen, wie heute die Ar-
beitsleistung besser bewertet wird und die
Produkte billiger geworden sind – aber
auch die Problematik einer Umrechnung
von Gulden in Schilling bzw. Euro.
Die Verschuldung im ländlichen Raum
Die bäuerlichen Anwesen waren durch-
wegs mit Schulden belastet, die durch-
schnittlich mehr als die Hälfte des Real-
wertes ausmachten.
Dies wird aus Entricht- und Kaufverträ-
gen ersichtlich.
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An einem Beispiel soll dies veranschau-
licht werden.
1846 kauft ein Bauer aus dem Iseltal in
Thurn ein Gut um 9.000 fl Reichswährung
und muss Schulden von 5.143 fl 57 x
R. W. übernehmen, das sind 53
1
2
% des
Verkehrswertes. 19 Gläubiger waren be-
troffen.
12
Als der neue Besitzer 1884 den Hof an
seinen Sohn übergibt, beträgt „der über-
eingekommene
Überlassungspreiß“
9.000 fl Österr. W.
An Lasten werden dem Sohn aufgebür-
det 3.914 fl 7 x versicherter und 1.593 fl
75 x unversicherter Schulden und die Leis-
tungen an Eltern und Geschwister sind mit
2.800 fl Österr. W. festgelegt worden. Dem
„Jungbauer“ bleibt noch ein „Vermögens-
übergaberest“ von 692 fl 18 x Österr. W.!
Die „Geldquellen“
Vor der Gründung von Sparvereinen
nach Modell Raiffeisen und der Städti-
schen Sparkassen – etwa um 1870 –
bekam man Geld zu leihen von Kirchen-
pröpsten und den Fondsverwaltern, deren
Gelder in der Depositenkasse beim zu-
ständigen K. k. Landgericht – ab 1850 Be-
zirksgericht – hinterlegt waren und gegen
verfachbücherlich gesicherte Realien zu
4 % verzinst verliehen wurden.
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Hatte ein Schuldner das erhaltene Dar-
lehen zurückgezahlt, kam der nächste Be-
werber an die Reihe. Er benötigte das
Wohlwollen und Einverständnis des
lokalen Fondsverwalters bzw. Kirchen-
propstes.
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Privatpersonen verliehen ebenfalls Geld,
u. a. Bauern, Mägde, Witwen usw., die im
„Sparstrumpf“ ihr Erspartes gehortet und
für 4 % Zinsen – verfachbücherlich ge-
sichert – ein bisschen wuchern wollten.
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Das soziale Netz
Den sozialen Wandel in Thurn hat W.
Beimrohr im Gemeindebuch „Thurn“,
Seite 64 ff, ausführlich dargestellt. Was die
Armut betrifft, sind nicht viel Schriftstücke
erhalten. 1832 wird die „Görzische Almo-
senstiftung“ und 1883 der „Görzische Ar-