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O s t t i r o l e r H e i ma t b l ä t t e r
72. Jahrgang – Nummer 4
Der Frühlingszug setzt im März ein. Das
macht sich dadurch bemerkbar, dass Zaun-
könige in Gebieten auftreten und singen, wo
man sie in der Brutperiode nicht feststellt.
Ein Beispiel: An der Spitalsbrücke in
Lienz wurde 1996 am 9. und 10. März je
1 Individuum beobachtet und am 21. März
ein laut singender Vogel. Danach keiner
mehr. Er ist hier also nur Durchzügler, der
den nahrungsreichen Fließgewässern auf
seinen Wanderungen folgt. Dafür Beispiele:
6. März 1997: Drau bei Tristach,
1 Exemplar in Steinschlichtung;
2. April 1997: Lienz, Iselkai 3 Exem-
plare in Steinmauer der Isel;
11. März 1998: Lienz, Spitalsbrücke bis
Tristacher Steg, 3 Exemplare singend.
Als Brutvogel kommt er von der Mee-
resküste bis in die Hochalpen vor. Osttirol
besiedelt er vom Talboden bis zum
Krummholzgürtel bei etwa 2.000 m
Höhe. Fehlt der baumarmen, intensiv ge-
nutzten Agrarlandschaft im Talboden. Als
Brutvogel kann er dort nur noch in den
spärlichen Resten des Auwaldes, der die
Lauen und Wieren begleitet, vorkommen.
Auf Bergwanderungen wurde er z. B.
an folgenden Stellen beobachtet:
• oberhalb der Thurner Alm am Oberwal-
der-Steig, 2.050 m;
• knapp unterhalb der Hochschober-
Hütte, 2.250 m;
• Goldried-Bergstation bei Matrei 2.200 m
• hart unterhalb der Luckner-Hütte/Kals,
2.240 m;
• Speikboden oberhalb St. Veit i. D.,
2.070 m;
• Wetterkreuzhütte oberhalb Virgen,
2.100 m;
• Obstanser Boden, Prinz Heinrich-
Kapelle, Karnische Alpen, 2.000 m.
Während der Brutzeit (April bis August)
herrscht zwischen den Geschlechtern
Arbeitsteilung: Während die Männchen
singen und drei oder mehr Kugelnester
bauen, brüten nur die Weibchen. Sie
suchen sich aus den vom Männchen ge-
bauten Spielnestern, die dem der Beutel-
meise ähneln, das Brutnest aus. Eines be-
stand neben Ästchen, Halmen und feinen
Würzelchen aus 498 Hühnerfedern.
Die Eiablage beginnt um Mitte April.
Das Gelege besteht aus 5 bis 7 Eiern,
jedes davon wiegt 1,3 g. Pro Jahr wird
zweimal gebrütet. Geht man pro Saison von
12 Eiern aus, so produziert die 8,5 g leichte
Zaunkönigin Eier im Gewicht von 15,6 g.
Das entspricht 183,5 % des Eigengewich-
tes. Nach 14 Tagen schlüpfen die Jungen
und bleiben noch 15 bis 19 Tage im Nest.
Anfangs übernachtet die Brut gemein-
sam in einem Nest. Nestgeschwister blei-
ben lange zusammen, gelegentlich länger
als einen Monat. Dabei werden sie noch
bis zu 18 Tage von ihren Eltern geführt.
Dazu Beispiele:
13. Juni 1996: Griedling Hof, Göriach/
Schlaiten 2 Altvögel führen 4 eben
flügge Junge;
2. Juli 1997: Thurner Alm 1 Altvogel
betreut, 3 Junge;
4. Juli 2001: Schwandthütte zwischen
Stadtweg und Rötenbach, 3 Exemplare
halten als Familie zusammen, in der Um-
gebung singen 5 Zaunkönige.
Von den maximal 14 Jungen pro Brut-
periode bleiben aber nicht viele übrig. Viele
Nesträuber stellen ihnen nach. Aus der
Vogelwelt z. B. der Eichelhäher und bei
den Säugetieren sind es Spitzmaus, Rötel-
maus, Eichhörnchen, Wiesel und der
Mensch. Unsere allseits beliebte Hauskatze
müssen wir leider auch anführen. Säuge-
tiere sind zu 48 % Ursache für Verluste bei
Gelegen und zu 71 % bei Nestlingen. Der
weise Mensch – Homo sapiens – verursacht
bei Gelegen 25 % Verluste (Waldbewirt-
schaftung und Freizeitverhalten). Starke
Verluste treten ein in ungewöhnlich harten
Wintern und im Sommer durch Unwetter:
Gewitter, starke Regenfälle (GLUTZ
VON BLOTZHEIM & BAUER 1985).
Zaun-
könig:
seine
geogra-
phische
Ver-
brei-
tung in
Europa
und an-
gren-
zenden
Gebie-
ten
(nach
VOOUS
1962,
geän-
dert).
Zaunkönig: Jahres-
zeitliche Häufigkeits-
unterschiede. In den
sieben Jahren von
1996 bis 2002 beob-
achtete Individuen
(n = 1.816). Für
jeweils zehn Tage
(Dekaden) wird die
Anzahl der Vögel an-
gegeben. Auf geringe
Überwinterung (Nov.
bis Feb.) folgen Früh-
lingszug (ab März),
Brutzeit (Apr. bis
Aug.) sowie Herbst-
zug (Sept./Okt.).
Der Herbstzug setzt frühestens Anfang
September ein. In den Bergen werden die
Hochlagen im Winter geräumt, tiefe
Lagen werden durch vertikale Wanderun-
gen erreicht. Seine kurzen Wanderungen
führen einzelne Vögel höchstens ins
nördliche Mittelmeergebiet, wobei auch
die Hochalpen überquert werden.
Was kann man zum Schutz
des Zaunkönigs tun?
Bitte, im eigenen Garten, in der Feldflur
und im Wald nicht übertrieben aufräumen.
Zwar menschliche Abfälle entsorgen
(Blechdosen, Zigarettenkippen, Plastikfla-
schen und alles aus Kunststoff, verrot-
tende Autos), aber Laub- und Reisighau-
fen soll man doch dort belassen. Das tut
vielen Bodenlebewesen gut, vom Regen-
wurm bis zum Igel. In den Städten und Pri-
vatgärten vernichtet das in Mode gekom-
mene herbstliche Aufsaugen von Falllaub
viele Bodenorganismen: alles Nahrung für
Zaunkönig und andere Lebewesen.
Bei der Waldbewirtschaftung sollte die
bisher oft zu starke Durchforstung einge-
stellt werden, Unterholz gefördert und mehr
Laubhölzer eingebracht werden. Man
kann jetzt schon beobachten, dass an Stelle
von Nadelwald oft Laubhölzer nachge-
pflanzt werden. Die vorhandenen Wald-
rinnsale und Waldbäche sind auf jeden Fall
zu erhalten und natürlich zu belassen.
Literatur:
1. BRADER, M. & AUBRECHT, G. (2003): Atlas der
Brutvögel Oberösterreichs. Linz/Austria.
2. GLUTZ VON BLOTZHEIM, U. N. & BAUER, K. M.
(1985): Handbuch der Vögel Mitteleuropas. Band 10/II,
Wiesbaden.
3. HAGEMEIJER, W. J. M. & BLAIR, M. J. (Edit. 1997):
The EBCC Atlas of European Breeding Birds: Their Dis-
tribution and Abundance. London.
4. MORITZ, D. & BACHLER, A. (2001): Die Brutvögel
Osttirols. Ein kommentierter Verbreitungsatlas. Lienz.
5. RAGGER, C., MORITZ, D. & HOFMANN, G. (2003):
Oberlienzer Schwemmkegel. Vogelkundliche Be-
standsaufnahme 2002. Orn. Arb. Gem. Osttirol, Lienz.
6. SVENSSON, L., GRANT, P. J., MULLARNEY, K. &
ZETTERSTRÖM, D. (1999): Der Neue Kosmos Vogel-
führer. Alle Arten Europas, Nordafrikas und Vorder-
asiens. Stuttgart.
7. VOOUS, K. H. (1962): Die Vogelwelt Europas und ihre
Verbreitung. Hamburg und Berlin.
Danksagung
Für Hilfe bei Erstellung dieses Aufsatzes
danken wir Herbert Angerer und Christian
Ragger.