Seite 5 - H_2008_06-07

Basic HTML-Version

terung wurde 1904 die Neue Prager Hütte
(ca. eine Gehstunde oberhalb) mit ihrer
bemerkenswerten, schönen Stube erbaut.
Dieser noch original erhaltene Raum mit
seiner Einrichtung, dem Getäfel und den
Bildern an der Wand (Prager Veduten und
interessante Porträtfotos) zeugt vom Stil-
empfinden der Jahrhundertwende, das hier
inmitten der Gebirgswelt auch heute noch
seinen unverfälschten Ausdruck findet.
Die einzelnen Vereinssektionen trieben
die Erschließung mit Wegen und Hütten
voran, und es entstanden auch Stützpunkte
an den neu errichteten Höhenwegen. Der
Alpenverein verzichtete bewusst auf Vor-
schriften zum Hüttenbau, sodass 1919 mit
Befriedigung festgestellt wurde, dass es von
337 Hütten nicht ein gleiches Paar gäbe
9
.
Trotzdem zeichnete sich ein allgemeines
Bauschema ab, das sich unter anderem vor
allem auf Zweckmäßigkeit und möglichst
geringem Kostenaufwand gründete. Interes-
sant ist, dass auch schon damals, besonders
in den unteren Regionen, bereits Gedanken
zum Landschaftsschutz einflossen.
In den hochalpinen Lagen waren die Un-
terkünfte aus Stein, einem Baumaterial,
das die Natur im Umkreis reichlich zur
Verfügung stellte. Trotzdem war die Arbeit
mit großen Mühen verbunden, da das Bau-
zubehör, die Holzbalken für den Dachstuhl
und die Einrichtung samt Hausrat durch
Träger transportiert werden mussten
10
. Die
meisten Hütten wurden über quadrati-
schem bzw. rechteckigem Grundriss er-
richtet, eingeschossig mit Satteldach, im
Erdgeschoss die Küche und Stube, im aus-
gebauten Unterdach die Schlaflager. Die-
ser Baukern ist noch bei vielen Hütten gut
erkennbar. Hütten in Holzbauweise
(Blockbau) sind hingegen eher in den
Lagen an bzw. knapp über der Waldgrenze
(um 2.000 m) zu finden. Ein Ausnahme-
beispiel stellte die alte Barmerhütte (erbaut
1900) in ca. 2.600 m Höhe dar, bei deren
Errichtung man die Blockbohlen 500 m
den Berg hinaufschleppte
11
. Sie wurde von
einer Lawine verschüttet und 1956 bis
1960 an etwas erhöhter Stelle (in Stein)
wiederaufgebaut. Auch die Blockhütten
sind vom Grundriss und der Geschossein-
teilung den Steinhütten vergleichbar.
Die nach der Jahrhundertwende errichte-
ten bzw. erweiterten Häuser wurden der
steigenden Anzahl der Hochtouristen ent-
sprechend größer gebaut, mit einem,
manchmal sogar einem zweiten Oberge-
schoss, großer Stube und Unterkunft für
die Wirtsleute. Einige Neubauten entstan-
den nach dem Ersten Weltkrieg (Ende der
zwanziger Jahre des 20. Jahrhunderts),
nachdem sich viele Sektionen bemühten,
die an Italien verlorengegangenen (meist
auch zerstörten) Schutzhütten (ca. 90) zu
ersetzen (Neue Reichenbergerhütte, 1925;
Bonn-Matreier Hütte, 1929 bis 1932). In
der Folge wurden auch einige Brand oder
Lawinen zum Opfer gefallene Hütten wie-
der aufgebaut (Hochsteinhütte, 1931, Bar-
merhütte, vgl. oben).
Nahezu alle Hütten (Ausnahme z. B.
Linderhütte, 1883) wurden im Laufe der
Zeit erweitert und modernisiert (Sanitäran-
lagen, Bioabwasser, Solaranlagen) und
so dem zunehmenden Massenansturm des
Bergtourismus angepasst. Als eine der
OSTTIROLER
NUMMER 6-7/2008
5
HEIMATBLÄTTER
Die Lienzer-
hütte im
Debanttal in
einer Zeich-
nung von
Anton Heil-
mann, 1895.
(Abbildung
in:
Illustrierte
Zeitung,
5. Dez. 1891,
Nr. 2527)
Zustand
der Karlsba-
derhütte vor
der letzten
Erweiterung
von 2003.
Foto: B.
Ascherl
Gemüt-
licher Aufent-
haltsraum in
der Karls-
baderhütte,
um 1925
(Postkarte).