Seite 7 - H_2009_1-2

Basic HTML-Version

OSTTIROLER
NUMMER 1-2/2009
7
HEIMATBLÄTTER
den wiederholten Umbauarbeiten am
Gebäude verloren gegangen. Bis Mitte
der 1950er-Jahre konnte man feststel-
len, dass für Gottfried Fuetsch das
organisch gewachsene Holz, insbeson-
dere Zirbe, Lärche und Apfelholz, als
alleiniges Ausgangsmaterial für seine
den unterschiedlichsten Themenkreisen
zuzuordnende Figuren, Krippen, Reliefs
und Arrangements evident war. Sein
Formenkanon der Repräsentation
manifestierte sich in einer Abfolge von
Innen- undAußenkehrungen, die augen-
scheinliche Körperlichkeit einer Plas-
tik, die vor allem in den späteren Jah-
ren nur mehr der Andeutung von uns
Vertrautem unterliegt, hinterlässt bei
näherer Auseinandersetzung mit ihren
Überlängen und abgeschwächter Kan-
tigkeit jenes rhythmisierende Form-
gefühl, das konsequent den Moment
des Statischen zu erreichen sucht.
Der Zugang zu seiner Formenwahl
ist demnach insofern in deren Doppel-
deutigkeit herausfordernd, als sie vom
zeitgeistigen Interpretationsvermögen
von uns Betrachtern abhängig ist!
Als erste große Auftragsarbeit wird
die 1956 in Stein gehauene „Schutz-
mantelmadonna“ (Leithakalk, H 260 cm)
für die Landwirtschaftliche Landeslehr-
anstalt in Lienz angeführt; eine Monu-
mentalplastik, die für seinen weiteren
Umgang mit dem Material Stein und
der Dimension von entscheidender Be-
deutung ist. Gerade in den 1970er- bis
in die 1980er-Jahre verteidigt Gottfried
Fuetsch seine Präferenz für dessen
Konsistenz – den fundamentalen
Aspekt reflektierend, dass für ihn als
Bildhauer die Figur im Stein bereits er-
fahrbar ist. Eine konverse Auffassung,
die ihn parallel dazu großangelegte
Aufträge, wie 1965/66 die Gruppen-
plastik „Sturm am See Genezareth“ für
die niederösterreichische Pfarrkirche
Wildendürnbach mit einem Format von
400 x 340 x 100 cm in Zirbe, oder die
ekstatisch beeindruckende „Anna
Selbdritt“-Statue aus dem Jahr 1967 für
die Pfarrkirche zur Hl. Familie in Lienz
in Ahornholz (H 190 cm) ausgeführt,
mit größter Überzeugung realisieren
ließ. Der Lösung dieser kontemplativen
Andachtsfigur für den linken Seiten-
altar der Lienzer Kirche gingen im
Rahmen der Auftragsvorstellungen
20 Zeichnungen und 8 geschnitzte
Modelle voran.
Der Umgang mit weiteren Materialien
wie Bronze, Aluminium oder späteren
Kunststoffvariationen hatte zum Teil
experimentellen Charakter, zum Teil
zählen sie zum nachfrageinduzierten
Werkstoff einer Bildhauergeneration.
Wichtig ist vor allem anzuführen, dass
für Gottfried Fuetsch jedem seiner
Objekte eine ausführliche Skizzenstudie
vorangegangen ist. Die Skizze als Kon-
struktionsbegleitung für das künstleri-
sche Gedankenkonzept vollendete für
Gottfried Fuetsch seine Aufgabe nach
Abschluss einer Arbeit – die motivische
Eigenständigkeit seiner Zeichnungen
ließ er tatsächlich kaum als autarke
Äußerungen gelten. Aufbauend auf die
Studienzeichnungen erwies sich das an-
schließende Tonmodell fast immer als
assoziierender Anhaltspunkt für die
endgültige Ausführung seiner Kunst-
objekte.
Wie bereits angedeutet, erwiesen sich
die 1950er- und 1960er-Jahre für die
Kunst im öffentlichen Raum bzw. die
Kunst am Bau nachAuftragsvergabe als
wertvoller Indikator für die Etablierung
im Kunstgeschehen und wurde bis heute
ausgedehnt. Die soziale Motivation der
Lienzer Wohnbauvorhaben wurde von
einem durchaus großzügigen künstleri-
schen Gedanken begleitet, der auf die
Initiative des LH-Stellvertreters Dr.
Hans Gamper und des Kulturbeamten
Dr. Gottfried Hohenauer von 1949 zu-
„Die Konferenz“:Aluminium, 43 x 47 cm. Das Relief gilt als eingereichter Entwurf
für denWettbewerb zur Gestaltung des Hauptzuganges der Ämtergebäude in Lienz
in den 1970er-Jahren. Fuetsch erhielt den Zuschlag für das Steinfries im Foyer des
Komplexes (1977), Privatbesitz.
Ein nicht
realisierter
Entwurf für die
Gestaltung
eines Auto-
bahnabschnittes
in Belgien. Eine
Reihe von
gezeichneten
Vorschlägen
und ein Modell
wurden 1973 in
Gent als Beitrag
eines internatio-
nalen Projektes
ausgestellt.
Bleistift auf
Papier,
14,5 x 13 cm,
Privatbesitz.