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OSTTIROLER
NUMMER 3-5/2009
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HEIMATBLÄTTER
zulassen, verschafft Zutritt zum Hauptplatz,
der damals sich noch mit dem Namen Unte-
rer Platz bescheiden musste. (Falls jeman-
dem ein architektonischer Blickfang abge-
hen sollte: Der Bau samt Durchlass wurde
später abgerissen und in den 1660er-Jahren
die Antoniuskirche gebaut.) Aus dem unauf-
fälligen Häuserensemble des geräumigen
Unteren Platzes, der sich trichterförmig
nach Westen weitet, stechen drei Gebäude
hervor: Die wuchtige und alle anderen Häu-
ser überragende Liebburg, die sich die Wol-
kenstein um 1605 als Stadtpalais und Herr-
schaftsansitz haben erbauen lassen. Den
Ausgang im Westen des Platzes bewachen
im südlichen Bereich ein hoher Wohnturm
(der Postturm) und im nördlichen die noch
zinnenbewehrte ehemalige Stadtburg der
Grafen von Görz. Nach einer kurzen und
engen Häuserpassage, die heutige Andrä-
Kranz-Gasse, öffnet sich ein weiterer Platz,
Oberer Platz genannt, dessen Mitte die Jo-
hanneskirche einnimmt. Auf dem heutigen
Johannesplatz (dessen Name an die vor gut
200 Jahren abgebrannte und daher abgeris-
sene Kirche erinnert) herrscht buntes Trei-
ben, denn er dient als Marktplatz, hier
stehen das Rathaus, das Apothekerhaus, hier
sind die öffentlichen Verkaufsstände der
Bäcker und Metzger, die Brot- und die
Fleischbank, untergebracht. Vom Oberen
Platz geht die Mönchsgasse (heute Muchar-
gasse) ab, genannt nach den Bewohnern des
Karmelitenklosters, dem eine eigene Kirche
angeschlossen ist. In dieser Gasse stehen
das Amtshaus des Bergrichters und, stark
zurückversetzt und abseits, der Adelsansitz
Staudach (Angerburg). Durch das Schwei-
zertor verlassen wir den von der Stadtmauer
geschützten Teil der Stadt und nähern uns
der Schweizergasse, einer der Vorstädte von
Lienz, wie außerhalb des Mauerrings gele-
gene Stadtviertel damals bezeichnet wur-
den. Im Westen abgeschlossen wird die
Der Ausschnitt zeigt den westlichen Teil der Meranergasse, erst im Verlauf des 18. Jahr-
hunderts Messinggasse genannt, und dazu die Inschrift: „die Meraner gassen oder Vor-
statt / ist durch aus verprunnen“. Hier befand sich auch das Messingwerk der Familie
Wolkenstein-Rodenegg: „der freyherrn zu Wolckhenstain Messing / schabhüten vnd Ha-
merschmidten / alles verprunen“.
Die gesamte Ringmauer der Stadt mit zahlreichen Tortürmen und Rondellen; mit wenigen Ausnahmen werden die zerstörten Gebäude
nicht bildlich dargestellt, dafür der schriftliche Kommentar: „alle heißer so in disem einfanng der Rinckhmaurn / begrifen sein alle
verprunnen“.