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OSTTIROLER
NUMMER 8-9/2009
2
HEIMATBLÄTTER
Über Höchstwerte in sämtlichen denkba-
ren Bereichen wird fortlaufend berichtet,
dafür bürgt der Nachrichtendienst („höher,
länger, weiter“) und das Guiness-Buch der
Rekorde (C
ARWARDINE
2000). Aus den
reichlichen Angaben nur einzelne Werte
zum Thema: Wanze aus Borneo fast 33 cm
lang, kleinste Käfer 0,2 mm (auch bei uns
mit den kleinsten Arten vertreten: Zwergkä-
fer: Ptiliidae), Goliath-Käfer in Afrika bis
100 g, Schmetterling aus Papua Neuguinea
Spannweite 28 cm (Vogelfalter), Australi-
sche Libelle fliegt kurzzeitig mit 58 km/h,
Honigbiene ist nützlichstes Insekt, Zirpen
von Singzikaden am lautesten und 400 m
weit hörbar, größte Ameisen-Weibchen aus
Südafrika mit 5,1 cm, die kleinste aus Sri
Lanka nur 0,8 mm, größte Wespe in Süd-
amerikas Tropen 6,7 cm Länge und 11,4
cm Spannweite, der Katzenfloh (auch ein-
heimisch) hüpft bis 34 cm hoch usw. Die
größte Insektensammlung der Welt mit ca.
30 Millionen Stück befindet sich im Natur-
historischen Museum London, schon in der
Eingangshalle beeindruckt das Skelett
eines Riesen-Sauriers mit Rekordlänge.
Die Großfamilie der Schlupfwespen
(Ichneumonidae) zählt über 30.000 Arten
weltweit und mehr als 4.000 in Mittel-
europa. Ihre Larven schmarotzen in ver-
schiedensten Insektengruppen, seltener bei
Spinnen. Die Artenzahl in Osttirol ist nicht
bekannt. Die erwachsenen Tiere sind Nek-
tarlecker, Blütenbestäuber, lieben auch
Honigtau der Blattläuse, viele schätzt man
als Nützlinge in Land- und Forstwirtschaft.
Neben zahlreichen kleinen, oft auch mit
flügellosen Weibchen (S
CHWARZ
1994), fin-
det man seltener große Tiere aus den Gat-
tungen
Rhyssa
und
Megarhyssa
(auch bei
C
OLE
2000 keine deutschen Namen dafür).
Die Eier werden vom Weibchen mit dem
auffallend langen Legebohrer mehrere cm
ins Holz von Bäumen (meist Fichten) vor-
getrieben, wo im Inneren die Larven von
großen Holzwespen (bei uns meist die Rie-
sen-Holzwespe:
Urocerus gigas
) leben. Die
Auffindung dieser außen nicht sichtbaren
Wirts-Tiere durch die Wespen und die tech-
nische Seite des Einbohrens waren lange
unbekannt und werden nicht näher erörtert.
Rhyssa persuasoria
braucht dazu 30 Minu-
ten. Sie erreicht 35 bis 46 mm Länge samt
Legebohrer, die kleine und viel seltenere
Ryssa amoena 42 mm. Beide Arten sind ge-
bunden an Fichtenwälder, auch an gelager-
ten Stämmen und in Brennholzkellern
(K
OFLER
1990). Nähere Angaben zur Le-
bensweise und Verbreitung beider Arten in
den Alpen z. B. bei B
AUER
2002:101.
Von der interessanteren Gattung
Megar-
hyssa
(Riesen-Schlupfwespen) (H
ORST
-
MANN
1998, fünf Arten) ist schon
M. rixator
selten: Leisach: Lienzer Klause 1996,
Nikolsdorf: Schloss Lengberg 1998, Kals:
Knopfbrücke 2008, jeweils nur 1 Männchen.
Der Erstfund für Südtirol: Mauls bei Ster-
zing 1983 an Fichtenstamm mit Holzwes-
penbefall von
Urocerus gigas
(H
ELLRIGL
2006). Eine zweite Art (
M. nortoni)
fand
sich nur in einem Einzelstück bei Obertilli-
ach: Gärbertal 1.500 m 29.6.1995 1 Männ-
chen, bisher weitum unbekannt (fehlt auch
noch bei H
ORSTMANN
1998), das Tier ver-
blieb wunschgemäß beim Spezialisten.
Das Tier aus Heinfels ist sicher zu dieser
Gattung zu zählen, die Art ist noch nicht
bekannt, die Determination erfolgt noch
beim Spezialisten nach Artenvergleich in
München. Das Tier, ein Weibchen, (den
Männchen fehlt der Legebohrer) mit auffal-
lender gelbbrauner Färbung misst fast
genau 10,5 cm Körperlänge davon 7 cm der
Legebohrer, daher ein interessanter Rekord.
Das wichtigste kommt zum Schluss: den
Fund machten die Kinder von Andreas
Strasser in Panzendorf, Gemeinde Hein-
fels. Sie fanden das lebende Tier im Holz-
keller. Das Brennholz stammte aus Wäl-
dern mittlerer Höhenlagen in Heinfels oder
Außervillgraten. Sie brachten das auffal-
lende Tier zum Nachbarn: Insektenfor-
scher Hermann Mair, der es wie einen
Schmetterling spannte, dem Verfasser
zeigte und auch ihm überließ. Wieder ein
Fall mehr, wo Interessierte einen schönen
und für die Faunistik wichtigen Beitrag ge-
leistet haben, der nicht eine eingewanderte
oder verschleppte Tierart betrifft.
Großer Dank geht besonders an die Fami-
lie A. Strasser, vor allem die Kinder, H.
Mair für die Präparation und die Überlas-
sung, Mag. Dr. Martin Schwarz, Kirch-
schlag, dem Spezialisten für die Bearbei-
tung dieser und zahlreicher anderer Schlupf-
wespen. Dank auch allen, die mehrmals
jährlich Beobachtungen besonderer Art mit-
teilen und vor allem auch die Belege dazu
erbringen. Dann erst kann manchmal auch
eine Mitteilung erfolgen, nicht nur in unzu-
gänglichen Fachzeitschriften.
Literatur:
B
AUER
, R. (2002): Bemerkungen über die Ichneumoni-
den der Alpen Teil IV. (Hymenoptera, Ichneumonidae). –
Entomofauna, Zeitschrift für Entomologie 23(8):93-108.
C
ARWARDINE
, M. (2000): Guiness Buch der Tierrekorde.
– Guiness Verlag, Hamburg, KOMET MA-Service u. Verl.-
Ges. Frechen.
C
OLE
, Th. C. H. (2000): Wörterbuch der Tiernamen. –
Latein-Deutsch-Englisch, Deutsch-Latein-Englisch. –
Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg Berlin.
H
ELLRIGL
, K. (2006): Kurze Mitteilungen zur Faunistik
Südtirols. Schlupfwespen: Neumeldung für Südtirol. –
forest observer Bd.2./3.:495-498.
H
ORSTMANN
, K. (1998): Die europäischen Arten von
Megarhyssa
A
SHMEAD
, 1900 (Hymenoptera, Ichneumoni-
dae). – Entomofauna 19(22):337-352.
K
OFLER
, A. (1990): Holzwespen und andere Insekten in
einem Osttiroler Brennholzkeller. – Osttiroler Heimatblät-
ter 58(4):4.
S
CHWARZ
, M. (1994); Beitrag zur Systematik und Taxo-
nomie europäischer
Gelis
-Arten mit macropteren oder bra-
chypteren Weibchen (Hymenoptera, Ichneumonidae). –
Linzer biol. Beiträge 26/1:381-391.
Alois Kofler
Riesen-Schlupfwespe mit Rekordlänge
Riesen-Holzwespe (Urocerus gigas)
Weibchen, Männchen.
Riesen-Schlupfwespe (Megarhyssa):
Gesamtansicht.
Holz-Schlupfwespe (Rhyssa persuasoria):
Weibchen mit kleinerem Männchen.
Alle Foto: Alois Kofler
Holz-Schlupf-
wespe
(Rhyssa per-
suasoria)
Kopie vom
Legevorgang
(Honomichl
1998).