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wehrt werden. Am folgenden Tag, am Fest-
tag Mariae Empfängnis, marschierten 1.200
Soldaten unter dem Bataillonschef Beaurais
an. Doch sie vermochten nicht durchzubre-
chen, da sie sich in der Talenge nicht richtig
entwickeln konnten und das Geschütz
nützte wenig. Schließlich zogen sich die
Franzosen fluchtartig zurück und wurden
von den Iseltalern noch bis in den Lienzer
Rindermarkt (Beda Weber-Gasse) verfolgt.
Beim Gefecht mussten auch einige Tiroler
das Leben lassen. Der Erfolg der Abwehr
der Franzosen schien gegeben und so ent-
ließ Wallner die Männer, während er und
immer noch eine ansehnliche Zahl von Stür-
mern weiterhin zur Bewachung zur Verfü-
gung standen. Am 10. Dezember schickte
General Teste einen Unterhändler in der
Person des Lienzer Landrichters Mayer zu
Anton Wallner. Es war nicht ganz einfach,
ihn von der Sinnlosigkeit weiteren Wider-
stands zu überzeugen. Erst der Hinweis,
auch die Landstürmer an der Lienzer Klause
hätten aufgegeben, konnte ihn überzeugen.
General Teste erließ am 13. Dezember
einen Aufruf an die Iseltaler, in dem er ihnen
unter drei Bedingungen Straffreiheit anbot:
Auslieferung Anton Wallners innerhalb 36
Stunden; Ablieferung aller Waffen binnen
drei Tagen; sofortige Freilassung der fünf in
Matrei gefangen gehaltenen französischen
Soldaten. Bei Nichterfüllung der Bedingun-
gen würden 2.000 Mann in das Iseltal
einrücken. – Anton Wallner flüchtete recht-
zeitig, wurde zwar gesucht, aber nicht ge-
funden. Dennoch konnte General Teste seine
Drohung nicht umsetzen, da er vom Divisions-
general Reichsgraf Broussier abgelöst wurde.
Dieser entfaltete eine wahre Schreckensherr-
schaft im Drau- und Iseltal, dem viele Lan-
desverteidigungskommandanten zum Opfer
fielen. Eine massive Warnung wurde als
Flugschrift, ausgestellt zu Lienz am 15. De-
zember 1809, allgemein verbreitet. Sein
Aufruf unter dem Titel
„Aufruf an die Völker
von Tyrol!“
endet mit den eindringlichen
Worten:
„Tyroler gebt meinen Warnungen
Gehör! Ich wünsche euch kein Leid zuzu-
fügen; bedenket aber auch dabey daß der
Augenblick der Rache sich nähert, verhin-
dert also daß er euch nicht treffe.“
General Broussiers Grausamkeit for-
derte zahlreiche Opfer im Isel- und im
Pustertal
25
, an die vielfach Denkmäler und
Gedenktafeln erinnern, die also nicht ver-
gessen sind und derer man gerade im heu-
rigen Jahr gedenken sollte.
ANMERKUNGEN:
Die wichtigste Literatur zum Thema Osttirol im Jahr 1809,
hier im einzelnen nicht immer zitiert, umfasst folgende Ar-
beiten:
Zahlreiche Beiträge besonders von Rudolf Gschließer und
Erwin Kolbitsch in den Osttiroler Heimatblättern (siehe
Thematisches Verzeichnis der Osttiroler Heimatblätter,
1.-65. Jahrgang [1924-1997], Lienz 1998)
Carl Georg Kryspin, Die Kriegsereignisse von 1797-1814
in Lienz und Umgebung, Lienz 1905
Carl Georg Kryspin, Beiträge zur Ostpustertaler Kriegsge-
schichte in den Franzosenjahren, in: Forschungen und Mit-
teilungen zur Geschichte Tirols und Vorarlbergs, III. Jg.,
1906, 222-232
Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 21909
Josef Kugler, Anton Steger Oberkommandant des Pusterta-
les (= Anno Neun, XXXIII. und XXXIV. Bändchen), Inns-
bruck 1936
Josef Thonhauser, Osttirol im Jahre 1809 (= Schlern-Schrif-
ten 253), Innsbruck-München 1968
Meinrad Pizzinini, Lienz. Das große Stadtbuch, Lienz 1982,
272–296
Meinrad Pizzinini, Andreas Hofer. Seine Zeit – sein Leben
– sein Mythos, Innsbruck-Wien-Bozen 2008
1 Meinrad Pizzinini, Lienz. Das große Stadtbuch, Lienz
1982, 176-182.
2 Pizzinini, Lienz (siehe Anm. 1), 272-276.
3 Meinrad Pizzinini, Andreas Hofer. Seine Zeit – sein
Leben – sein Mythos, Innsbruck-Wien-Bozen 2008,
120-123 (mit weiterer Literatur).
4 „Journal der Kriegs-Begebenheiten und sonstigen täg-
lichen Vorfälle im Feldzuge von 1809. Das 8te Armee-
Corps unter Kommando des Herrn General-Feldmar-
schall Lieutenants Marquis von Chasteler betreffend“,
verfasst von Oberleutnant Franz Karl von Veyder,
datiert Krems, 12. September 1810, MS, Tiroler Lan-
desmuseum Ferdinandeum, FB 2071.
5 Rudolf Granichstaedten-Czerva, Die bayerischen
Landrichter in Tirol (1806-1814), 2. Bd., Neustadt a. d.
Aisch 1962, 239 f. – Ders., Der Lienzer Landrichter
Moritz Braam (1809), in: OHBl 23. Jg., 9/1955.
6 1. Bd., München 1810. – Zwei Exemplare des raren
Drucks befinden sich in der Bibliothek des Ferdinan-
deums (FB 1583 und Dip. 143).
7 1. Bd., München 1810, 223-26.
8 Gemeint ist natürlich Mittewald (an der Drau). – Wenig
später kommt ein Druckfehler vor: Lienz soll wohl als
ein „namhafter“ und nicht „nahrhafter“ Ort bezeichnet
werden!
9 Orig. im TLMF, FB 1650/162 – Andreas Oberhofer,
Weltbild eines „Helden“. Andreas Hofers schriftliche
Hinterlassenschaft (= Schlern-Schriften 342), Innsbruck
2008, 237 f., Nr. 164.
10 Anonym, Erinnerungen an das Jahr 1809, in: Lienzer
Nachrichten, 3. Jg., 1913, Nr. 5 (17. Jänner).
11 Hermann Sander, Akademiker aus Freiburg i. Br. als
Kämpfer für Österreich 1809 in Vorarlberg, Tirol und
Kärnten, Innsbruck, 1912. – Wilhelm Schäfer, Der Re-
bell von Freiburg, Gütersloh 21942. – Rudolf Gschlie-
ßer, Georg Hauger, der Student aus Freiburg als Lan-
desverteidiger in Tirol 1809, in: OHBl 26. Jg., 12/1958.
– Österreichisches Biographisches Lexikon 1850-1950,
II. Bd., Graz-Köln 1959, 213.
12 Otto Stolz, Die Universität Freiburg i. Br. und ihre
tirolischen Beziehungen, in: Innsbrucker Nachrichten,
85. Jg., 1938, Nr. 12 (17. Jänner), 7.
13 TLMF, FB 1650/211.
14 TLMF, FB 1650/212.
15 Zitiert, leider nicht in der originalen Schreibweise, bei
Rudolf Granichstaedten-Czerva, Karl Tritschler über
die Kämpfe in der Lienzer Klause 1809, in: OHBl 26.
Jg., 12/1957.
16 Meinrad Pizzinini, „Das Kreuz“ – Ein zentrales Werk
im Schaffen des Meisters Egger-Lienz, in: Jahresbericht
1975/76 des Bundesgymnasiums und Bundesrealgym-
nasiums Lienz, Lienz 1976, 6-23.
17 An den erfolgreichen Einsatz Althubers erinnert der Bild-
stock am nordwestlichen Ortseingang von Tristach (OHBl
52. Jg., 4/1984). – Nicht zuzustimmen ist den Aussagen im
anonym erschienenen Beitrag „Tristach schloss sich dem
Freiheitskampf nicht an“ im Osttiroler Bote 2009, Nr. 43,
Seite 27. Es heißt, zur Errettung des Ortes habe sicherlich
wesentlich beigetragen, dass es in Tristach keine Schüt-
zenkompanie gegeben habe. Damals gab es – im Gegen-
satz zu heute – nicht in den einzelnen Dörfern Kompanien,
sondern diese waren nach den Gerichten organisiert. Män-
ner aus Tristach gehörten demAufgebot des Landgerich-
tes Lienz an. Es stimmt auch nicht, dass die Dörfer südlich
der Drau erst seit 1787 „zu Brixen und damit zu Tirol ge-
hörten“. Die Pfarren Tristach und Lavant gehörten zu-
nächst dem Patriarchat von Aquileia, von 1751/52 bis
1787 dem Erzbistum Görz, von 1787 bis 1789 der Diözese
Laibach und dann Brixen an. Diese Zugehörigkeit bezog
sich lediglich auf die kirchliche Administration, bezüglich
der Landeszugehörigkeit unterstanden die Orte seit dem
Jahr 1500 der Grafschaft Tirol.
18 Ludwig Podgraischek, Georg Haugers militärische Lauf-
bahn, in: Innsbrucker Nachrichten 82. Jg., 1935, Nr. 58, 7.
19 Von den zahlreichen Quellen und der Literatur seien
herausgegriffen der zeitgenössische Bericht „Die
Sandwirthsgräber oder Die Erhebung der Gebeine
Andreas Hofers in Mantua 1823“, MS; TLMF 1650/213.
– „Authentischer Bericht über die Ausgrabung der irdi-
schen Ueberreste des am 20. Februar 1810 im Kastell
zu Mantua erschossenen Tiroler Hauptanführers Andreas
Edlen von Hofer, Oberkommandant der Tiroler Landes-
Vertheidigung im Jahre 1809“, in: Bothe für Tirol und
Vorarlberg 59. Jg., 1873, Nr. 105, 710 f. – Pizzinini,
Andreas Hofer (siehe Anm. 1), 269 f.
20 F. R. Kirchner, Hier ruht Herr Georg Hauger, in: Welt-
guck, 1935, Nr. 7 (16. Februar), 2. – Ein Gedenktag der
Tiroler Heimattreue, in: Innsbrucker Nachrichten 82.
Jg., 1935, Nr. 44 (20. Februar), 1 f.
21 Zu Ehren Georg Haugers fand auf Initiative der Leisa-
cher „Hauger“-Schützen mit Obmann Toni Huber im
Beisein von Bürgermeister Dietmar Zant und des Lan-
deskommandanten von Tirol, HR Dr. Otto Sarnthein,
am 150. Todestag Haugers, am 13. November 2009, in
der Innsbrucker Hofkirche eine feierliche Gedenkmesse
mit dem Landesschützenkurat Msgr. Josef Haselwanner
statt. Auf eine historische Ansprache von Univ.-Doz.
Dr. Meinrad Pizzinini hin erfolgte die Kranznieder-
legung an der Grabstätte Georg Haugers.
22 Heinz Wieser, Vor 200 Jahren Schlacht an der Mühlbacher
Klause, in: Osttiroler Bote 64. Jg., 2009, Nr. 45, 35.
23 Josef Thonhauser, Osttirol im Jahre 1809 (= Schlern-
Schriften 253), Innsbruck-München 1968, 87-96.
24 Siehe besonders: Carl Georg Kryspin, Die Kriegsereig-
nisse von 1797-1814 in Lienz und Umgebung, Lienz
1905, 70-73. – Rudolf Gschließer, Der letzte Kampf der
Iseltaler 1809, in: OHBl 27. Jg., 1/1959. – Thonhauser,
1809 (wie Anm. 23), 100-104. – Alois Heinricher, Die
Kampfhandlungen im Iseltal und der „Friedensvertrag“
von Unterpeischlach, in: 100 Jahre Schützenkompanie
Ainet 1908-2008, hg. von der Schützenkompanie Ainet,
Ainet 2008 (unpaginiert).
25 Rudolf Gschließer, Blutzeugen aus dem Pustertale 1809,
in OHBl 27. Jg., 2/1959.
Wenn nicht anders angegeben, wurden
die Aufnahmen vom Tiroler Landes-
museum Ferdinandeum angefertigt.
OSTTIROLER
NUMMER 10-11/2009
8
HEIMATBLÄTTER
IMPRESSUM DER OHBL:
Redaktion: Univ.-Doz. Dr. Meinrad Pizzinini.
Für den Inhalt der Beiträge sind die Autoren
verantwortlich.
Anschrift des Autors dieser Nummer: Dr.
Meinrad Pizzinini, A-6176 Völs, Albertistraße 2 a.
Manuskripte für die „Osttiroler Heimatblät-
ter“ sind einzusenden an die Redaktion des
„Osttiroler Bote“ oder an Dr. Meinrad Pizzinini,
A-6176 Völs, Albertistraße 2 a.
Gedenktafel an der Eingangswand der
Lienzer Angerburg (Muchargasse Nr. 6) zur
Erinnerung, dass am 2. Februar 1810 der
Virger Pfarrer Johann Damaszen Sigmund
und sein Kooperator Martin Unterkircher
im Garten dieses Ansitzes füsiliert worden
sind.
Foto: M. Pizzinini
Denkmal auf dem Kirchplatz in Virgen zur
Erinnerung an die einheimischen Opfer
des Tiroler Freiheitskampfs 1809: Franz
Frandl, Johann Damaszen Sigmund, Mar-
tin Unterkircher, Josef Weiskopf, Josef
Bauernfeind, Vinzenz Kuchlmair; Auf-
nahme um 1975.
Foto: M. Pizzinini